...Guten Abend....




Wie haben sie nun mehr erwartet von mir? Natürlich, Entschuldigung, das hätte ich mir ja denken können, nur, warum? Ich meine das meiste kann man doch wirklich herausfinden , wenn man jemanden einfach eine Zeit lang beobachtet. Gut , das ich nun 1,824m groß bin kann ich Ihnen auch sagen, aber der Rest, ich bin mir gar nicht sicher aus welchen Beweggründen ich ihnen das erzählen sollte.



Gehen wir danach vielleicht Windmühlen erschrecken, ja?
Dann kann ich Ihnen ja auch erzählen, wie ich sie sehe, diese Welt. Meine Welt, wie sie für mich ist ...

Alles grau in grau, die Luft ist klirrend klar, trotzdem ziehen sich über mir, drückend dunkle, Wolken zusammen. Es wird regnen. Bald. Doch bis dahin bleiben alle Geräusche grad wie in Watte gepackt. Die Ruhe ist sehr angenehm nach dem lauten Tag, aber ich habe ja schon immer gesagt, dass der Abend die ruhigsten Stunden hat.
Ich weiß nicht mehr wann es passiert ist, früher in meiner Kindheit war es nicht so, aber meine Welt ist grau geworden. Das Licht des Tages blendet mich und die schwarzen Schatten der Nacht drohen mich zu verschlingen. So empfinde ich es jedenfalls. Meine Stunden sind die wenigen des Abends.
Grade dann, wenn das Tageslicht kriechend langsam schwindet und die Nacht sich noch nicht wirklich aus ihrem Versteck heraus traut, indem sie den Tag verschlafen hat. Grade dann, wenn Licht und Schatten sich zaghaft zu mischen beginnen und die Welt an Farbe verliert. Grade dann, wenn Grautöne sich mehren und Gebäuden, Menschen , Tieren und Pflanzen eine Weichheit geben, die man vielerorts schon verloren glaubte und die die meisten nicht einmal in der Lage sind zu sehen. Dann werden einsame Plätze geheimnisvoll, Wälder lebendig und alte Gebäude magisch. In den wenigen Stunden, die an den meisten Menschen unbeachtet vorbeiziehen, genau dann ist meine Zeit.

Genau dann kann ich richtig sehen, richtig atmen, richtig fühlen. Einfach richtig leben wie jeder andere auch, doch...
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.... meine Welt ist grau.






Mein Herz schlägt schneller, mit jedem Atemzug der mich näher zum Abend trägt. Das Licht schwindet und ich fange an zu Leben. Wie jemand der, nachdem er getaucht ist, die Wasseroberfläche durchbricht und den ersten befreienden Atemzug tut. Leben, in tiefen Zügen einsaugen und in sich ausbreiten, zitternd , bebend das Leben. Komm zu mir und gib mir deine Energie du schönes Leben, ich tauche auf im Abendgrau und weiß genau, ich kann fliegen , wenn ich nur will. Kein Hindernis zu groß und kein Abgrund zu weit. Lass mich doch fliegen, versteck spielen mit Gießkannen und Teddybären, nimm mich mit dazu.
Denn es ist Abend und nichts, aber auch wirklich gar nichts ist unmöglich.