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... und der Bettler sprach er sei von den Göttern gesandt, um des Herrschers Herz zu prüfen.König Lykaon jedoch, Sohn des Pelasgos und der Meliboia, betrachtete den in Lumpen gewandeten Gast mit Spott. Zweifelte er doch an dessen Worten.

In seinem Hochmut fuhr er fort mit seinen Schandtaten und schlachtete eines der Kinder und mischte das Fleisch unter die Speisen des Festmahles zu Ehren seines Gastes.

Von Abscheu erfüllt, offenbarte Zeus seine wahrhaftige Gestalt und sein Zorn fuhr einem Blitze gleich unter die Versammelten. Wer nicht tot zu Boden fiel, der flüchtete sich in die umliegenden Wälder und offenbahrte dem blutroten Vollmond sein verdorbenes Innerstes....

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Die Vorsicht, mit der Mareo den Kopf seines Bruders anhebt um das alte Geschichtsbuch, einen bereits nach Bibliothek muffenden und in leder gebundenen Wälzer, hervor zu ziehen ist beeindruckend. Es ist eines von den Büchern, die ich früher für die Vorlesungen genutzt habe, es kommt mir vor, als wäre das in einem anderen Leben gewesen. Griechische Geschichte, Mythen und Legenden rund um das Götterpantheon des alten Griechenlands. Es wundert mich nicht, dass Kenjiro sich ausgerechnet dieses Buch ausgesucht hat, auch wenn ich es eigentlich nicht wirklich gutheißen kann. Er sollte sich grade diese antiken Geschichten nicht antun. Vor allem nicht wenn er noch nicht richtig wach ist. Ich kann die kleinen Zeichnungen am Rand sehen und sie stimmen mich nachdenklich.

Ein Sammler käme deswegen in Versuchung ihm die Finger abzuhacken, ich für meinen Teil würde lieber in seinen Kopf hinein sehen, die Eindrücke herausgreifen, die ihm wohl grade wieder auf der Seele lasten. Ich kann ihm nicht böse sein, weil er den Wert eines Buches gemindert hat, das sowieso keinen anderen Nutzen mehr hat, als meinen Durst nach alter Geschichte zu stillen. Seine Bilder retten Leben, so oft, dass ich mir angewöhnt habe regelmäßig seinen Skizzenblock anzusehen, seine Bücher und Hefte zu kontrollieren. Ich habe Angst sonst den Moment zu verpassen in dem er etwas Wichtiges sieht und beiden nur noch hinterher eilen zu können. Denn ich weiß Mareo wird auf seinen Bruder achten, so wie er es jetzt tut, ihn bequemer auf das Sofa legt und zudeckt , das er wirklich erholsam schlafen kann, statt von alten Buchseiten und Lycanern zu träumen.
Sie sind beide etwas Besonderes. Sie sind meine Söhne.


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Der Körper zittert, die Sehnen ächzen...
Schmerz fließt wie vorher Blut durch jede noch so feine Ader, pumpt sich in jede Muskelfaser, erhitzt das Fleisch und weckt die Instinkte aus ihrem eisigen Schlummer. In der Luft, ein Hauch von Kupfer.
Es lechzt der Geist nach kaltem Licht ...
Dröhnend tropft Gelächter und Geschrei in die feinen Ohren. Spielt auf den Nerven die Sonate der wachsenden Wut, im Magen rumort das Verlangen zurück zu schlagen. Es Ihnen zu vergelten. Schlag um Schlag, mit jedem Atemzug.
Der Atem hastet, die Knochen splittern ...
Schwarz quillt des Lebens Gift zwischen den Reißzähnen hindurch. Glänzt endgültig sterbend im roten Mondlicht, in den Eingeweiden wühlt der Hunger nach Stille, das Verlangen nach Endgültigkeit.
Es glüht das Herz in wilder Gier ...
Der Wind er streicht durchs kurze Haar, trocknet kupferne Flecken und weht den Geruch von frischem Tod fort on diesem Ort, tiefer in die stinkenden Gassen. Nie wieder, niemals wieder.
Die Kehle bebt, sie singt, sie schreit...


Es brennt jeder Muskel...
Ich stehe neben meinem Bett, noch bevor ich wirklich wach bin, die ersten Schritte zum Badezimmer sind bereits getan, als mir klar wird, das ichgeträumt habe. Doch kriecht mir der Traum noch durch Mark und Bein. Gebe Gott , das nur ich geträumt habe diese Nacht.
Es kleben die Laken ...
Selbst das kühle Wasser bringt nur wenig Linderung. Aber ich werde langsam wacher , der Blick gleitet zum Mondkalender, der nasse Zeigefinger zeichnet seinen eigenen Weg auf dem versiegelten Papier und mir bleibt nichts anderes übrig als mich zu wundern. Der nächste Vollmond ist noch 2 Wochen entfernt.
Es schlummert, tief in dir...
Ich fühle mich müde und zerschlagen, als wäre ich um mein Leben gerannt. Die ganze Nacht, auf meiner Zunge ein bitterer Nachgeschmack , welcher keinen Sinn ergibt. Ich sollte mich wieder hinlegen, ausruhen. Versuchen ruhig zu schlafen, ein, oder zwei Stunden noch. Doch stattdessen zieht es mich in die Küche. Kaffee für mich. Frühstück für meine Jungs, Träume für das zerwühlte Bett , auf das ich keinen weiteren Blick werfen will.

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Ich vermisse manchmal die Universität in der ich gearbeitet habe, bevor erst alles schrecklich schief und dann erstaunlich gut geworden ist. Es ist schwer zu beschreiben, das Leben, da sich jetzt habe, aber ich bin mir sicher, dass ich es nicht ohne meine Familie leben würde. Allerdings wüsste ich auch nicht, was ich ohne die Jungs tun sollte. In mein altes Leben kann ich nicht zurück, nicht nachdem was ich nun weiß, es ist mir, nein, uns eine Menge geholfen worden. Eben um uns genau dieses Leben, welches wir jetzt führen zu ermöglichen. Deswegen bin ich zufrieden. Zufrieden damit Kinder zu unterrichten, sie sind immerhin wissbegierig, es interessiert sie wirklich was ich zu erzählen habe. Hier sind Mythen und Legenden mehr als nur der Stoff aus dem die Ängste unserer Vorfahren geknüpft worden sind. Es sind Informationen, die ihnen im Notfall vielleicht sogar das Leben retten werden.

Auch wenn ich weiß, dass ich hier sicher bin, und meine Familie auch, hm, sicher vor mir ist. Manchmal fühlt es sich trotz allem an wie die Ruhe vor dem Sturm. Manchmal, dann neige ich dazu Paranoid jedes Fenster zu verschließen, jede Türe abzusperren bevor ich schlafen gehe, das brauchen wir eigentlich nicht. Aber manchmal überkommt mich dann ein frösteln. Als warte noch irgendetwas unerledigt und aufdringlich da draußen. Manchmal, so wie jetzt , wenn ich Alpträume durchlebe, die mich eigentlich nur an Vollmond heimsuchen. Ich bin Geschichtsprofessor, kein Indiana Jones, auch wenn ich seine Filme geliebt habe, aber eigentlich ist mir ein ruhiges Leben wirklich lieber als ein Haufen Abenteuer.