Wenn es regnet, überzieht sich die Stadt mit einem klebrigen Glanz. Der Gestank der Abfälle lässt nach, um mit doppelter Gewalt wiederzukommen, sobald die Sonne wieder durch die Wolken bricht. New York wird auf der einen Seite erträglicher wenn es regnet, auf der anderen Seite spült es den Abschaum aus seinen Löchern hinaus auf die Straße. Regen, Hitze und Stromausfälle haben eines gemeinsam, sie bringen das Beste ebenso wie das Schlechteste zum Vorschein was diese Stadt zu bieten hat.

Der Regen bildete eine verschwimmende Wand aus Wasser, selbst die hartgesottensten New Yorker hatten sich in ihren Wohnungen verbarrikadiert. Regen, nichts weiter als ein Tropfen nach dem anderen schon seit 4 gottverdammten Tagen. In Brooklyn begann die Kanalisation zu versagen und Obdachlose auf die Straßen zu spülen. Wer Glück hatte wurde gesehen und von der nächsten Ambulanz aufgesammelt. Wer weniger Glück hatte ertrank volltrunken in der nächst größeren Pfütze. Damned.

Das leise mechanische Quietschen ging für die meisten im Rauschen des Regens unter. Im rauschenden Grau bewegte sich etwas Grellgelbes. Ruckartig, wankend, faustgroß. Als wäre es sich unsicher ob es nun vorwärts , oder Rückwärts durch den feuchten Spiegel kriechen sollte, der einem Hoffnungslosen zur letzten Ruhestätte geworden war. Ein kurzes Innehalten, gefolgt von einem hohen Pfeifton prägte den Moment, bevor ein paar schwarzer Sneakers neben dem leuchtend gelben Spielzeug zum stehen kommen. Begleitet von einem leisen Rattern und Klicken wendet sich der Kopf, mechanische Linsen imitieren die Bewegung der Augen und blinzeln zu dem Menschen hinauf der den Toten betrachtet und resignierend seufzt.
“C’mon Eugene, there’s nothing we can do here. Jump!“


Und er sprang, der knallgelbe, mechanische Frosch sprang auf die dargebotene Hand und kroch dann tiefer in den Jackenärmel hinein. Dort wo es noch trocken war und bleiben würde, doch nur wenn sie bald einen Platz zum unterstellen fanden. Schritte entfernen sich, zielstrebig, suchend, ohne einen Blick zurück zu tun. Es hatte noch nie jemanden wieder ins Leben geholt wenn man zurücksah. Warum also heute damit anfangen? GodDamNed!


Es ist sehr einfach über all die schmutzigen, betrunkenen und stinkenden Gestalten zu urteilen. Einfach zu sagen das niemand von Ihnen Hilfe will, Sie alle dem System misstrauen, welches Sie sträflich im Stich gelassen hat. Zu einfach. Es ist viel zu einfach, davon auszugehen Sie hätten ihr Los selbst so gewählt und wären nun damit zufrieden.

Im Winter ist der Untergrund von New York City eine der letzten Möglichkeiten nicht zu erfrieren. Die sozialen Stationen quellen ja schon im Sommer über. Wer ein Bett für die Nacht will, stellt sich meistens schon Morgens an und wartet mehrere Stunden. Warten für ein kleines bisschen Normalität, ein warmes Essen, eine Dusche und die Hoffnung dort vielleicht nicht ausgeraubt zu werden. Etwas das für den 08/15 New Yorker gehasster Alltag ist. Damned.

Ein Stakkato an Schritten hallt durch die U-Bahn-Station, Passanten beginnen wüst zu fluchen und versuchen noch rechtzeitig auszuweichen, bevor sie der Flüchtende grob zur Seite stößt. „Back off man!“ Er eilt weiter, bringt sich mit einem Hechtsprung über die Absperrung in den Bereich der dem technischen Personal der Stadt vorbehalten wäre. Fünf Minuten später, mit dem Eintreffen der nächsten U-Bahn ist der vergessen. Soll er doch über die Gleise springen, auf ihnen laufen, dort verloren gehen. Wer trauert schon um einen suizidalen Freak, solange der Verkehr reibungslos weiter läuft. Wir sind in New York.

“Remember that girl in the subway Eugene?
She’s giving me headaches…“


Es gibt New York zweimal, auf der einen Seite mit all seinem Licht, seinen Wolkenkratzern, Anzugträgern, Nobel-Apartments, Geschäftsvierteln, Parks, Slums, sozial Stationen und Abrisshäusern.
Auf der anderen Seite sind die Schatten, die stillgelegten U-Bahnschächte und Abwasserkanäle, die ausgetrockneten Auffangbecken, verlassenen Keller und Gewölbe. Dort wo ganze Familien Wärme und Unterschlupf finden. Ein wenig Schutz in einer hilflosen Stadt, wo das Tageslicht schon lange nicht mehr hinreicht. Dort wo New York seine dunkelsten Geheimnisse versteckt. GodDamNed!